Die Bleiche in Sohlingen wird zu einem Musterbetrieb.
Gleich der Leinenfabrikation ist im damaligen Köngigreich Hannover (1814 - 1866) das Bleichen der Leinwand von Alters her eine Nebenbeschäftigung gewesen.
Als Gelände zum Auslegen der Leinwand (genannt "Bleichplan")
dienten gewöhnlich
in der Nähe der Wohnung liegende Grasgärten,
Rasenplätze oder Wiesenparzellen.
Als Bleichmethode wandte man entweder die einfache Natur- oder die Rasenbleiche an:
Auslegen der Ware auf den Plan, Begießen mit Wasser und
Einweichen mit Holzasche oder Sodalauge,
der man zuletzt eine Seifenlösung zusetzte.
(Das Einweichen hieß "Büken" oder "Beuchen").
Die Anwendung von Kalk oder sonstiger die Gewebe angreifender
Substanzen beim Bleichen von
Handelsleinen war durch die - Leggeordnung - bei Strafe verboten.
Die Bleichen im Amte Uslar, besonders in Sohlingen,
waren von jeher die bedeutendsten im
Königreich Hannover.
Um ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten
und weiter zu fördern, erließ
das Königliche Kommerz - Kollegium
im Jahre 1791 eine Verfügung, nach der ein beeidigter Bleichaufseher
dort angestellt
werden sollte.
Das hatte aber anscheinend nicht den gewünschten Erfolg, denn im Jahre 1827
beklagte sich der Leggeinspektor Reichardt
aus Göttingen, dass die Amt Uslarsche Linnenbleiche trotz
Anstrengungen des Amtmanns und der Legge
nicht auf die Höhe der Bielefelder Bleiche zu bringen sei.
Er machte den Vorschlag, in der Nähe von Uslar eine
Bleichmusteranstalt einzurichten.
Dort gäbe es 'Wiesenplätte, gutes Wasser, gutes Holz und
somit auch gute Asche.
"Die Bewohner, sagte er, "sind bedürftig, arbeiten gern
um mäßigen Lohn
und haben sich seit
Jahren mit der Bleicherei abgegeben".
Das Amt Uslar versprach, sich für das
Emporkommen dieser "patriotischen Angelegenheit" einzusetzen.
Mehr zum Auftrag der königlichen Sohlinger Musterbleiche
findet sich im...
Zeitungsbericht vom 20. Januar 1951
Inzwischen hatte der Leggeinspektor Reichardt einen passenden Platz für
die Anlage einer
Musteranstalt gefunden".
Er schrieb an die Landdrostei in Hildesheim:
„…13 Morgen beisammen liegende Wiesen oberhalb des Dorfes Sohlingen,
1/2 Stunden von Uslar.
Die Wiesen von ausgezeichneter Lage und Beschaffenheit, die man für
eine gute Bleiche wünschen kann.
Solche bilden einen sanften Abhang von Norden nach Süden,
haben von Auf- bis Untergang
die Sonne, sind frei von Bäumen
und Gesträuchen, und sind von einem aus einer darüberliegenden Quelle
entspringenden Bach durchschnitten, welcher nicht
allein nach Aussage des Bauermeisters zu allen Jahreszeiten
hinreichend mit Wasser versehen ist,
sondern auch bei
anhaltendem heftigem Regenwetter stets klares Wasser enthält,
das für das Bleichgeschäft von besonderer Wichtigkeit ist".
Im Januar 1829 autorisierte das Königliche
Kabinetts-Ministerium die Landdrostei
Hildesheim zur Einrichtung der
Königlichen Musterbleiche in Sohlingen und bestellte
Gustav Schaafs aus Bodenfelde
als "Bleichdirektor" mit einem
"Königlichen Gehalt" von 12 Thalern Conventionsmünze.
Administrator der Bleiche wurde der Amtsassesor Collmann vom Amte Uslar.
Die ersten Jahrzehnte brachten der Königlichen Musterbleiche
eine unerwartete Entwicklung.
Die solide Rasenbleiche trug viel dazu bei, dass das Hannoversche
Leinen allgemein beliebt und begehrt war.
Durch den ersten staatlich angestellten Bleichaufseher Schaafs
wurde die von ihm in Landskron (Böhmen) erlernte,
schlesisch-böhmische Bleiche, eingeführt, die darin bestand,
die Unreinheiten in der Leinwand durch
wiederholten Wechsel von Büken in Pottaschelauge zu lösen und
die Partien anschließend auf den
ausgedehnten Bleichplänen auszulegen.
Im Laufe der Jahre umfassten die Bleichpläne einen Raum von ca.40 Morgen.
Das besonders weiche, klare Bleichwasser entsprang einer ergiebigen
Quelle und wurde über mehrere Sammelteiche den
Bleichanlagen zum Benetzen der ausgelegten Leinenbahnen zugeführt.