Leggeordnung

Bleichplan Sohlinger Musterbleiche

Wir Georg der Dritte (04.07.1738 - 29.01.1820), von Gottes Gnaden, König von Großbritannien, Frankreich und Irland, Beschützer des Glaubens, Herzog zu Braunschweig — Lüneburg, des Reiches Ertz - Schatzmeister und Churfürst, etc. Fügen hiermit zu wissen.

Nachdem Wir Uns nach unserer landesväterlichen Sorgfalt für die Vermehrung und Erweiterung Der Handlung und der Gewerbe Unserer getreuen Unterthanen in Gnaden bewogen gefunden, zur Beförderung der Linnenweberei und des Linnenhandels nunmehre auch zu USLAR und HARDEGSEN Linnen –Leggen anlegen zu lassen, damit die in diesen Städten und in der Stadt MORINGEN, ingleichen in den Ämtern USLAR, HARDEGSEN, MORINGEN, HARSTE, NIENOVER und LAUENFÖRDE und in den Gerichten ADELEBSEN und IMBSEN fallenden Linnen gezeichnet und die Weber zur Verbesserung ihrer Arbeit angewiesen und unterrichtet werden können, so wollen und verordnen Wir hiermit gnädigst:
Soll niemanden in den Städten USLAR, HARDEGSEN , MORINGEN, ingleichen in den Ämtern USLAR , HARDEGSEN, und LAUENFöRDE, und in den Gerichten ADELEBSEN und IMBSEN bei Strafe von 10 Reichsthalern verstattet sein, sein verfertigtes Leinen innerhalb oder außerhalb des Landes zu verkaufen oder zum eigenen Verbrauch zu verschneiden, ohne es zuzvor der Legge zu USLAR oder HARDEGSEN zur Zeichnung gebracht zu haben, es wäre denn, daß den Webern eine der übrigen Leggen näher und bequemer gelegen wäre oder sie selbst einen besseren Verkauf zu finden vermeinen, als in welchen Fällen ihnen frei bleibet, ihre Linnen daselbst zeichnen zu lassen, so wie daneben allen inländischen Kaufleuten und überhaupt einem jeden bei 10 Rthlr. Strafe untersagt wird, von den Unterthanen der obigen Städten und der erwähnten ämtern und Gerichte selbsten verfertigtes Linnen anzukaufen, welches nicht mit den Leggezeichen, wie weiter unten verordnet wird oder in den wegen der übrigen Leggen ergangenen Verordnungen verordnet worden, versehen ist, worauf solchem nicht nur die Origkeiten bei Vermeidung Unserer höchsten Ungnade ernstlich zu achten haben, sondern es werden auch die Licent –Bediente hiermit befehligt auf die Contraventione wachsam zu sein und soll dem Denuncianten die Hälfte der Strafe mit Verschweigung seines Namens zubewilligt werden.

Die auswärtigen Linnen, die nach obigen Städten, Ämtern und Gerichten zum Verkauf gebracht werden, sind jedoch der Legge nicht unterworfen.

Die Legge soll täglich, nur die Sonn- und Feiertage ausgenommen, von Ostern bis Michael von 7 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags und von 1 Uhr Nachmittags bis 6 Uhr Abends, und von Michael bis Ostern von 9 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags und von 1 Uhr Nachmittags bis 3 Uhr solcher Gestalt gehalten werden, daß die vier ersten Tage der Woche zu USLAR, die übrigen beiden Tage aber, mithin Freitag und Sonnabend zu HARDEGSEN Leggetage sind.

Das zur Legge gebrachte ungebleichte flächsene Kauflinnen wird gemessen, in Stiegen abgeschnitten, wenn nicht der Eigenthümer oder der Käufer ganz oder in halbe Schocke getheilt zurückverlangt, und mit unseren Wappen und der Unterschrift „Uslarer Legge“ bezeichnet.

Wenn die inländischen Käufer dieses Linnen haben, so können dieselben bei Vermeidung von 50 Rthlr. Gehalten sein, dasselbe, wenn es zuvor geglandert worden, Wiederum zur Legge zu senden, wo es sodann beurtheilt, appretiert und aufgeschlagen und nach Befinden der Güte und Weiße in fünf Glaensen, es sei 5/4 oder 4/4 Ellen breit, vertheilt werden soll.

Die erste und beste Sorte wird mit Nr. 1 , die zweite mit Nr. 2, die dritte mit Nr. 3, die vierte mit Nr. 4. und die fünfte mit Nr. 5 neben Unsern von dener erstern Zeichnung her schon darauf befindlichen Wappen gzeichnet, was aber noch schlechter ist, wird in der Mitte des Stückes mit Nr. 0 und das, was nicht 5/4 oder 4/4 Elle breit ist, noch außerdem mit den Buchstaben: S.B. , das ist „Schmal-Band“, gedruckt werden.

Wer sein verfertigtes Kauflinnen selbst bleichet, dem soll gestattet sein, dasselbe erst nach der Bleiche zur Legge zu bringen, wo alsdann damit verfahren wird, wie in den $ vorher verordnet worden ist.

Wenn jemand für seine Haushaltung oder zum eigenen Verbrauch flächsernes Linnen verfertigt oder verferfertigen läßt, so muß zur Verhütung aller Unterschleife derselbe solches, wenn er es ungebleicht verbrauchen will, bei Vermeidung der in eresten § festgesetzten Strafe von 10 Thalern auf der Legge zeichnen lassen, wenn er es aber selbst bleicht oder bleichen läßt, so bleibt ihm nachgelassen, dieselbe erst nach der Bleiche zur Legge zu bringen und wird in beiden Fällen dieses Leinen nach geschehener Zeichnung ganz wiederum verabfolgt.

Die hedenen Linnen sollen ebenfalls nur zu zweierlei Breiten, nämlich 1 5/16 und zu 1 1/16 Elle breit, gewebet werden, zu welchem Ende bei Strafe von 2 Thalern zu der ersten Sorte nicht weniger als 16 Gänge und zu der zweiten Sorte nicht weniger als 12 Gänge gescheeret werden sollen, die Länge eines solchen Stückes Linnen aber bleibt dem Willkür des Webers gänzlich überlassen.

Nachdem wahrgenommen worden, daß die heedernen Linnen zu schlecht gemacht werden, daß selbige fast nicht verkäuflich sind, dieses aber hauptsächlich daher rührt, daß das Heeden-Garn nur bloß gekocht und wann es getrocknet worden, sogleich gewebet wird, welches kein gutes Stück Linnen geben kann, weil der Einschlag sodann auch bei den besten Willen des Webers nicht gehörig angetrieben werden kann, so wird hiermit festgesetzt, da0 die Unterthanen, welche heedenes Linnen verfertigen, das Garn zuvor gahr kochen und nacher einmal wenigstens bücken sollen, damit dasselbe die erforderlich Geschmeidigkeit erhalte und solchergestalt der Einschlag genügsam angetrieben werden könne.

Wer hier wider handelt, soll jedesmal in 20 Rthl. Strafe verfallen sein.

Die heedenen Linnen, sie mögen 1 5/16 oder 1 1 /16 Elle breit sein, sollen auf der Legge, nachdem der Eigenthümer sie zuvor glandern lassen, nach Befinden der Güte in vier Classen vertheilt und die erste und beste Sorte mit Nr. 1 , die zweite mit Nr. 2 , die dritte mit Nr. 3 und die vierte mit Nr. 4 neben unseren Wappen bezeichnet werden.

Das heedene Linnen, so noch schlechter ist oder auch jene vorgeschriebene Breite nur hat, soll mit Nr. 0 und zwar das, was zu schmal ist, in der Mitte des Stückes mit Hinzufügung der Buchstaben: S.B., das ist Schmalband, gedruckt werden.

Von dem, was hier so eben wegen des heedenen Linnen verordnet worden, ist jedoch das in der Gegend von Uslar fallende sogenannte „Schlechterlinnen“ ausgenommen.

Dieses „Schlechterlinnen“, bei welchem sich die Weber einer egalen Arbeit zu befleißigen haben und wozu bei der Strafe von 2 Rthl. nicht unter 12 Gang gescheert werden soll, muß zwar ebenfalls, wiewohl ungeglandert, zur Leggge gebracht werden, es wird aber daselbst nur gemessen und, nachdem das Wellen-Maaß des Stückes darauf gedruckt worden ist, mit unserem Wappen bezeichnet.

Weil die Erfahrung lehret, daß die Weber Kämme von hiesigen oder Rheinischen Rohr bald und leicht schartig werden und dadurch bei dem Weben zum Nachtheile des Linnen häufige Fadenbrüche entstehen, so verordnen Wir hiermit gnädigst, daß von dem 1. May des 1777sten Jahres an die webenden Unterthanen in den obengesagten Städten, Ämtern und Gerichten keine andere als von Spanischem Rohr verfertigte Webe –Kämme, auf welchen die Anzahl der Gänge gezeichnet ist, gebrauchen sollen, zu welchen Ende, damit man desto mehr versichert sein könne.

Daß die Kämme tüchtig und der Absicht gemäß, gewisse Kamm- und Blattmacher in dortiger Gegend werden beeidigt und bekannt gemacht werden, von welchen die Weber sodann ihre Kämme einzukaufen haben.

Die Unterthanen, die verfertigtes Linnen selbst bleichen ingleichen die Lohnbleichen, haben sich alles betrüglichen Weißens des Linnen mit KALK oder KREIDE bei Vermeidung einer unfehlbaren nach Empfinden der Umstände zu bestimmten Geld- oder Leibes. Strafe zu verwaltigen und sich dagegen einer guten und vorzüglichen Bleiche um so mehr zu befleißigen, als bei der Beurtheilung und Classifizierung des flächsernen Linnen auf den Leggen auch die Weiße gesehen werden soll.

Was an LEGGE-GELD für eine Stiege Linnen zu bezahlen ist, darüber wird demnächst das Weitere verordnet werden, vorerst wird deshalb nichts entrichtet.

Dafern jemand sich wegen der Classificirung seines Linnen beschweret zu sein vermeinet, so soll das streitige Stück Linnen bis zur Untersuchung des zeitigen Legge.

Inspectors auf der Legge aufbewahret bleiben.

Damit auch diejenigen, welche sich mit den Linnenweben beschäftigen, zur Verfertigung guter und tüchtiger Waare desto mehr aufgemuntert werden mögen, so soll denen, die sich vorzüglich einer guten Linnenweberei befleißigen und ein vorzüglich tüchtiges Linnen verfertigt haben, nach gewissenhafter Prüfung der Legge –Bedienten eine Prämie von einem Harz –Gulden verabreicht werden.

Wenn jemand einem webenden Unterthanen auf sein zu verfertigendes Linnen Vorschuß thut, so soll ihm dieser Vorschuß kein Recht auf das Linnen geben, sondern es bleibt dem Eigenthümer dieses Linnen frei, dasselbe nach vorgängiger Legge – Zeichnung zu verkaufen, an wen er will, inzwischen ist jenem Gläubiger unbenommen, bei dem Schlusse der jährlichen Rechnung solcherhalb landesübliche Zinsen anzusetzen und sollen nach Maasgabe der Ober-Appellations-Gerichtsordnung den Schuldner von der Obrigkeit Termin zur Bezahlung gesetezt werden.

Wonach sich also ein jeder, den es angeht zu achten hat und diese unserer Verordnung, damit Niemand sich mit der Unwissenheit entschuldigen könne, in den obenerwähnten Städten, Ämtern und Gerichten, wie auch in den benachbarten Städten und Ämtern, an den gewöhnlichen Orten angeschlagen und bekannt gemacht werden.

Gegeben auf Unseren Pallast St. James den 18ten März des 1777sten Jahres Unseres Reichs im siebenzehnten.

G e o r g e Rex